Ihr Wegweiser zu einer erfolgreichen Marketing Automation

Von der Idee bis zur Toolauswahl

 

Das Kaufverhalten der Kunden hat sich aufgrund der Digitalisierung in allen Branchen hat in den letzten Jahren drastisch verändert, wodurch auch ein Wandel der Aufgabengebiete von Marketing und Sales begonnen hat. War Marketing früher primär für die Schaffung von Awareness für Produkt und Marke verantwortlich, so übernimmt Marketing heute ein zentrale Rolle im Kaufprozess selbst. Kunden und Interessenten sind heute erst sehr viel später im Kaufprozess bereit mit dem Vertrieb zu sprechen.

 

 

Sie informieren sich zu Themen, Lösungen und Produkte im Netz und erwarten dass die entsprechend relevante Information auf sie zugeschnitten und einfach verfügbar ist. Hier ist nicht mehr ausschließlich der Vertrieb primärer Ansprechpartner sondern mittlerweile spielt hier auch das Content Marketing eine maßgebliche Rolle.  
Dieser Wandel stellt jede Marketingabteilung vor völlig neue Möglichkeiten, die allerdings auch den Einsatz neuer Werkzeuge zur Unterstützung der neuen Disziplinen innerhalb des Marketings notwendig machen. Das Herzstück dieser Werkzeuge ist eine gut durchdachte Marketing Automation, idealerweise gekoppelt an ein CRM-System. Immer mehr Hersteller bieten dazu Produkte, sogenannte Marketing Automation Tools, an, jedes davon mit seinen ganz eigenen Stärken und Schwächen. Die Möglichkeiten erscheinen unendlich und oftmals steht man als für die Entscheidung verantwortliche Person in Marketing vor einer komplett neuen und ungewohnten Aufgabe, die nicht zuletzt auch nach einem gewissen technischen Verständnis verlangt. 
 
An genau diese Personen soll sich die folgende Checkliste richten. Sie soll Sie auf dem Weg zur Auswahl des für Ihr Unternehmen passendste Marketing Automation Tool mit Hinweisen und konkreten Tipps begleiten. Durch die Bearbeitung der einzelnen Punkte der Checkliste gehen Sie gut vorbereitet in die Diskussion mit den einzelnen Herstellern und schaffen außerdem eine gute Grundlage für die erfolgreiche Einführung in Ihrem Unternehmen.


 

CHECKLISTE

 

 

1. Ziele

 
Der erste Punkt der Checkliste ist keine Überraschung und erscheint wohl den meisten Lesern als selbstverständlich. Aber gerade deshalb ist es umso wichtiger in die Definition der Ziele genügend Aufmerksamkeit und Zeit zu investieren. Wohl definierte Ziele ergeben ein Gesamtbild, aber zeitgleich auch eine erste Abgrenzung, auch bekannt als Scope. Der Begriff der Einschränkung ist gerade zu Beginn der Reise zur Marketing Automation wohl einer der Wichtigsten. Da Marketing Automation ein so großer Bereich mit unzähligen Funktionen ist, ist die Gefahr des "Verzettelns" besonders groß. Werden die Ziele nicht vor der Toolauswahl definiert können die vielen Funktionen die in den Demos der Toolhersteller präsentiert werden schnell dazu führen, dass man sich zuviel auf einmal vornimmt oder ablenken lässt und damit die Orientierung verliert. 
 
Empfehlung:
Nutzen sie einfache Regelwerke, die ihnen helfen rasch gute Ziele zu definieren. Eine empfehlenswerte Methode ist die PAM Methode. PAM steht für "Purpose, Advantage, Measure" also Zweck, Vorteil, Messbarkeit. Für jedes Ziel sollen alle 3 Bereiche beschrieben werden. Als Zweck genügt ein klarer Satz. Als Vorteile werden all jene beschrieben, die durch die Erreichung des Zwecks erreicht werden. Unter Messbarkeit wird beschrieben wie die Vorteile konkret gemessen werden können. Dies gilt zeitgleich auch als Abnahmekriterium zur Überprüfung der Ziele.
Alternative: SMART -Methode 

 

2. Customer Journey

 

Die Customer Journey ist die Grundlage um Kundenverständnis aufzubauen und im Weiteren die Kommunikation mit dem Kunden zu optimieren. Dabei stellt sich auch unweigerlich diese essenzielle Frage "Wer ist mein Kunde". Sehr häufig wird diese Frage erst spät gestellt, dabei hat die Beantwortung dieser Fragestellung durchaus Einfluss auf die Einführung und die ersten Umsetzungen der Marketing Automation. Kommen Ihre Kunden aus verschiedenen Industrien oder Branchen und hat diese Information schon sehr früh Einfluss auf die Customer Journey, sollte die Branche bereits zu Beginn der Datenerhebung (bsplsw. Über Formulare auf Ihrer Webseite) eingeholt werden bzw. eventuell sogar ein Pflichtfeld sein. Bedenken Sie dabei immer dass die Bereitschaft ein Formular auszufüllen mit jedem zusätzlichen Pflichtfeld sinkt, daher sollte die Anzahl der Pflichtfelder so gering wie möglich gehalten werden.
 
Wurden in Ihrem Unternehmen bereits Customer Journeys für Ihre Produkte und Dienstleistungen erstellt sollten diese nochmals überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden. Existiert noch keine Customer Journey sollte idealerweise noch vor der Toolauswahl pro Produkt und Dienstleitung einen entsprechende Customer Journey erstellt werden.

 

3. Prozesse

 

Wer Marketing Automation im Unternehmen aufbaut, möchte alle relevanten Prozesse möglichst automatisieren. Relevante sind all jene Prozesse die wiederholt und nach bestimmten Regeln immer gleich ablaufen. Um zu Beginn des Projekts abschätzen zu können welche Prozesse mit dem künftigen Tool automatisiert werden sollen und welche Anforderungen für die Automatisierung erfüllt sein müssen, sollten Prozesse so wie sie bereist existieren als "Ist-Prozesse"  dokumentiert werden und im besten Fall bereits eine Version des "Soll-Prozesses", also wie der Prozess künftig ablaufen sollte, festgehalten werden.
Um bestehende Prozesse zu identifizieren sollte man sich fragen welche Kampagnen aktuell bereits durchgeführt werden bzw. welche Schritte diese Prozesse aktuell durchlaufen. Dabei sollte man sich nicht nur auf "Online"-Marketing beschränken. 
 
Beispiel:

Es werden regelmäßige Events organisiert und on-site abgehalten. Fragestellungen: 

 
Auch die Frage nach den aktuell genutzten Kanälen hilft dabei aktuelle Prozesse zu identifizieren. Werden beispielsweise Banner auf anderen Webseiten geschalten? Aber auch Kanäle wie On-site Events sind relevant. Im Zuge der Analyse der einzelnen Kanäle sollten auch gleich potenzielle neue Kanäle festgehalten und priorisiert werden. Das hilft wiederum bei der Toolauswahl, da dabei nach Standard-Schnittstellen zu diesen Kanälen bzw. Plattformen gefragt werden kann, bzw. kann bereits geprüft werden ob das in Frage kommende Tool entsprechen einfach und kostengünstig angepasst werden kann.
 
Bei der Erstellung der Soll Prozesse mithilfe der dokumentierten Ist-Prozesse sollten folgende Regeln beachtet werden: 

 
Scheuen sie sich nicht davor ihre Prozesse schon möglichst früh zu dokumentieren. Die Form kann zu Beginn ganz frei gewählt werden, sowohl textuell oder grafisch. Die Prozesse müssen zu Beginn auch noch nicht perfekt ausgestaltet werden, es geht in erster Linie darum selbst ein besseres Verständnis für die Anforderungen an das künftige Tool zu bekommen bzw. diese gegenüber der verschiedene Toolhersteller oder Implementierungspartner rascher und besser vermitteln zu können.

 

4. Content Landkarte / Content Mapping

 

Content Marketing ist ein integraler Bestandteil der Marketing Automation. Bis zur Anschaffung eines Marketing Automation Tools kann und sollte bereits ein Content Mapping erstellt werden. Anhand dieses Content Mappings fällt es einerseits sehr leicht Ideen für neue Kampagnen zu erstellen bzw. werden "Löcher" im Plan sichtbar, die man noch bis zur Einführung der Marketing Automation schließen kann ohne zusätzlich Zeit zu verlieren.
 
Folgende Fragestellungen helfen dabei den aktuellen Stand zu erheben und Maßnahmen abzuleiten:

 
Bestehender Content kann zeitnahe dazu genutzt werden erst Kampagnen zu automatisieren. (zB Email Drip Kampagnen, Welcome Strecken etc). Existiert erst wenig Content sollten Sie sich unbedingt die Frage stellen ob man aus dem bestehenden Content weitere Versionen ableiten kann. Zum Beispiel kann aus dem Inhalt eines Webinars ein Blogartikel abgeleitet werden. Aus einem "Long-read" wie bsplsw. einem Whitepaper können schneller und leichter verdauliche, sogenannte "snackable" Varianten wie Infografiken oder "One-Pager" erstellt werden. Verschiedene Zielgruppen präferieren verschiedene Kanäle beziehungsweise Formate. Richtet sich Ihr Content an CEOs, sollte unbedingt eine kurze und prägnante "Management Summary" des Inhalts existieren.

 

5. Abstimmung mit der IT-Abteilung

 

Sprechen Sie vorab mit ihrer IT über deren Anforderungen an das neue System (Onsite bzw Offsite, Security-Policies etc). Klären Sie frühzeitig ab ob es IT-seitig Einschränkungen bei der Wahl des Email Service Providers für das Versenden von Massenmails wie zb Newsletter sowie Domain und IP-Reputation gibt.

 

6. Systemlandschaft bzw. Kundendatenhaltung

 

In der Marketing Automation, sowie in CXM allgemein, dreht sich alles um den Kunden. Aus technischer Sicht wird der Kunde mit all seinen Merkmalen und Aktivitäten als Datensatz gespeichert. Je nach Struktur der Systemlandschaft Ihres Unternehmens kann die Art der Speicherung der Kundendaten ganz unterschiedlich organisiert sein. In jedem Fall werden in Ihrem Unternehmen bereits Systeme im Einsatz sein, die Kundendaten speichern beziehungsweise auf Kundendaten zugreifen. 

Egal mit welchem Tool Sie Ihre Marketing Automation umsetzen möchten sollte vorab geprüft werden wie sich ein solches Tool in die bestehende Systemlandschaft einfügen soll, um unter Anderem herauszufinden welche Schnittstellen zu internen Systemen benötigt werden. Ist in Ihrem Unternehmen bereits ein CRM-System im Einsatz, sollte auf die Schnittstelle, und somit auf den Informationsaustausch zwischen diesen Systemen besonderes Augenmerk gelegt werden. Dies gilt vor allem für den Fall wenn Marketing Automation als Leadgenerierung von Marketing automatisiert qualifizierte Leads an den Vertrieb im CRM-System übergeben werden sollen.
 
Versuchen Sie daher möglichst früh alle relevanten  Systeme zu erfassen. Die Visualisierung der Systemlandschaft aus der Sicht von Marketing kann ganz einfach gestaltet werden. Oftmals genügt im ersten Schritt eine Abbildung der jeweiligen System anhand deren Logos inklusive der Verbindung zwischen den Systeme als Pfeile je nach Richtung des Datenflusses.  Graphik_Systemlandschaft.jpg

 

Für mittel-große Unternehmen sollte, falls nicht bereits vorhanden, im Zuge der Einführung der Marketingautomation, und damit der Einführung eines weiteren Tools welches Kundendaten speichert und abruft, vorab gemeinsam mit Ihrer IT-Abteilung überlegt werden ob künftig eine zentrale Kundendatenbank implementiert werden soll. Eine solche zentrale Datenbank wird auch oftmals Datalake oder auch Middleware genannt. So eine zentrale Datenbank bietet einige Vorteile, wie beispielsweise einheitliche Schnittstellen. Durch einen zentrale Kundendatenbank muss das Marketingautomation Tool im besten Fall nur durch eine einheitliche Schnittstelle mit dieser Datenbank kommunizieren, da alle weiteren größeren Systeme (wie beispielsweise CRM, ERP usw) ebenfalls direkt mit der zentralen Kundendatenbank kommunizieren. Sofern eine solche zentrale Kundendatenbank im Unternehmen eingeführt werden soll, sollte diese von Anfang an bei der Einführung der Marketing Automation mit bedacht werden.
 

 

 

7. DSGVO/GDPR - Abstimmung mit Rechtsabteilung

 

Sprechen Sie auch möglichst frühzeitig mit dem Datenschutzbeauftragten bzw. der Rechtsabteilung Ihres Unternehmens. Finden Sie heraus welche Bedingungen aus rechtlicher Sicht erfüllt sein müssen um Kundendaten zu speichern und im weiteren auch beschicken zu dürfen. Muss bsplsw. ein DOI-Prozess (Double OptIn) eingehalten werden?  Welche Daten müssen bei Erfassung der Kundendaten vorhanden und gespeichert werden wie zB Datum und Uhrzeit der Anmeldung, Quelle der Anmeldung? Müssen Einwilligungen (sogenannte Consents) zur Marketingkommunikation nach einer bestimmten Zeit neu eingeholt werden? Gibt es bereits eine Cookiebar für das Consent Management und wie muss diese angepasst werden damit Webseitenaktivitäten erfasst und dem Profil eines Kunden zugeordnet werden können. Auch die Formulierung der Datenschutzerklärung, beziehungsweise die notwendige Anpassung bei Einführung der Marketing Automation, sowie die Formulierung der Einwilligungserklärungen sollten vom zuständigen Datenschutzbeauftragten Ihres Unternehmens rechtzeitig zur Einführung der Marketingautomation bereitgestellt werden.

 

8. Messbarkeit mittels Key Performance Indicators (KPIs)

 

In der Marketing Automation geht es immer auch um Optimierung. Sei es die Optimierung der Kundenkommunikation während der Customer Journey oder der Optimierung interner Prozesse. Ein Hauptziel jedes Marketing Automation Projektes sollte immer auch die Entwicklung hin zum "datadriven Marketing", also dem datengetriebenen optimieren on Marketingmaßnahmen, sein. 
 
Allerdings ist es oftmals nicht so einfach unter der zumeist sehr großen Menge an zur Verfügung stehenden Daten die für die Zielerreichung besten Maßzahlen zu definieren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt dabei oftmals in der Auswahl möglichst weniger, dafür aussagekräftigen KPIs, die wiederum transparent, für jeden verständlich und jederzeit abrufbar sind. Häufig verleitet die große Menge an zur Verfügung stehenden Daten dazu möglichst viele Maßzahlen abzuleiten. Im Schlimmsten Fall wird dadurch der Aufwand der Erstellung  der Auswertungen sehr hoch und die Auswertungen selbst werden oftmals unübersichtlich und nicht verständlich. Hier ist weniger tatsächlich oftmals mehr. Übersichtliche Auswertungen, welche für den Empfänger ausschließlich relevante Daten enthalten, die dafür automatisiert in Echtzeit zu Verfügung stehen werden auch längerfristig und mit Interesse wahrgenommen und daraus dann tatsächlich informierte Entscheidungen daraus abgeleitet. 
 
Außerdem ist es wichtig KPIs nicht zu häufig zu ändern, da nur durch konsistentes Messen derselben Maßzahlen die Entwicklung und somit der Erfolg verschiedener langfristiger Maßnahmen gemessen werden kann. Ein guter Ansatz zur Identifizierung der wichtigsten KPIs ist die Definition von messbaren Zielen (siehe dazu Abschnitt "Ziele").

 

9. Toolauswahl

 

Definieren sie 1-3 ihrer wichtigsten Use-Cases, die sie aus den bereits gesammelten Informationen und erlangten Erkenntnisse sehr einfach ableiten können und übermitteln diese and die Toolhersteller vor dem Demo Termin, damit diese im Termin bestenfalls bereits darauf eingehen können. Vergessen Sie nicht alle relevanten Stakeholder bereits im Toolauswahlprozess zu berücksichtigen. Die Erfahrung hat gezeigt dass es vor allem wichtig ist künftige KeyUser schon sehr früh mit einzubeziehen um später nicht in Toolakzeptanz-Falle zu geraten. 

 

 

Keine Sorge, Sie sind nicht allein

 

Holen Sie sich Unterstützung. Wenden Sie sich mit den durch die Checkliste gesammelten Informationen an Experten. Dabei muss es sich nicht zwingend gleich um ein langfristige Zusammenarbeit mit einem Implementierungspartner handeln. Je nach Unternehmensgröße und Komplexität kann auch ein Austausch in einer Usergroup (zB LinkedIn etc) schon gut weiterhelfen. Idealerweise wenden Sie sich an einen Partner mit herstellerunabhängiger Expertise im Bereich Marketing Automation, also mit Partnern mit mehr als einem Hersteller im Portfolio.

 

Zur Autorin: 

Jasmin Hofstetter
CRM Consultant & Marketing Automation Expert
+43 1 409 598 716
jasmin.hofstetter@qualysoft.com